Natur ohne Mensch – Obst von Anderswo – Wiesen für Insekten

Kommune Stadt Dortmund
Bundesland Nordrhein-Westfalen
Kontakt Jürgen Hundorf
Grünflächenamt, Teamleitung generelle Planung von Grünanlagen
Tel.: 0231 / 5024175
E-Mail: jhundorf@stadtdo.de
Kooperationspartner NABU Dortmund
Biologische Station Unna/Dortmund
Laufzeit Dezember 2020 – November 2027
(Fortführung nach 2027 beabsichtigt)

KURZBESCHREIBUNG

Die meisten Stadtbewohner wissen heute gar nicht mehr, was Wildnis eigentlich ist, sind aber gleichzeitig von Wildtieren und -pflanzen fasziniert. Die Integration von Wildnis in urbane Nutzungsbezüge kann Stadtwildnis zum akzeptierten und willkommenen Teil der grün-blauen Infrastruktur machen. Ökologische Entwicklungsflächen, welche der natürlichen Sukzession überlassen werden, bieten vielfältige Potenziale, Wildnis in Städten weiterzuentwickeln und Biodiversität und Naturerlebnis in der Stadt zu verbinden. Sukzession beschreibt hierbei die zeitliche Abfolge einer Besiedlung durch Pflanzen-, Tier- oder Pilzgesellschaften – ohne menschliche Beeinflussung – an einem Standort.

Natur ohne Mensch – Obst von Anderswo – Wiesen für Insekten

Unter dem Titel „Natur ohne Mensch – Obst von Anderswo – Wiesen für Insekten“ widmet sich das Zukunftsprojekt der Stadt Dortmund den Themen Stadtwildnis, Integration und Umweltbildung sowie Insektenschutz. Der Planungsbereich vernetzt ein ehemaliges Straßenbahndepot in der Nordstadt mit einer östlich angrenzenden Grünanlage mit altem Baumbestand und mündet im Westen in den Fredenbaumpark – einer großen Parkanlage mit bemerkenswerter Historie, großem Naturkapital und Erholungswert.

Im Rahmen des Projektbausteins „Natur ohne Mensch“ wurde ein für Menschen unzugängliches und der natürlichen Sukzession überlassenes Wildnisgebiet angelegt. Hierzu wurde ein ca. 2.500 m² großes Areal mit einem 2 m hohen Zaun umgeben und aus der Nutzung genommen. Ein Aussichtsturm am Rand der Fläche ermöglicht die Beobachtung einer natürlichen Vegetationsentwicklung ohne menschliche Einflüsse inmitten der Stadt.

Darüber hinaus sind auf ca. 5.000 m² der bestehenden Intensiv-Rasenflächen „Wiesen für Insekten“ mit blütenreichem Regio-Saatgut eingesät worden. Die Blühwiesen werden mit einem Balkenmähwerk gemäht, das Mahdgut wird geschwadet, gewendet und abtransportiert. Außerdem wird durch eine reduzierte und versetzte Mahd sichergestellt, dass wichtige Nahrungsquellen und Rückzugsgebiete für Insekten erhalten bleiben. Ergänzend werden im Herbst 2023 ca. 5.000 insektenfreundliche Geophyten – hauptsächlich Elfen-Krokus (Crocus tommasinianus) – im Bereich der Blühwiesen gepflanzt.

Die Pflanzung von Obstbäumen stellt einen weiteren wichtigen Aspekt des Zukunftsprojektes dar. Anstatt heimischer Arten setzte die Stadt hierbei auf Obstbäume aus Südeuropa. In der Dortmunder Nordstadt leben viele junge Menschen mit Migrationshintergrund. Der Anblick von Obstsorten mit Bezug zu den unterschiedlichen Herkunftsländern – also „Obst von Anderswo“ – soll die Naturerfahrung der Dortmunderinnen und Dortmunder bereichern. Im Frühjahr 2021 wurden Streuobstinseln mit Esskastanie (Castanea sativa), Quitte (Cydonia oblonga), Mirabelle (Prunus domestica), Mandel (Prunus dulcis), Pfirsich (Prunus persica), Mispel (Mespilus germanica), Maulbeerbaum (Morus nigra), Feige (Ficus carica) und Granatapfel (Punica granatum) gepflanzt. Hinsichtlich der fortschreitenden Klimaerwärmung werden die Obstbäume darüber hinaus auch auf ihre Klimatauglichkeit getestet.

Um eine dauerhafte Besiedlung der Projektflächen mit Insekten sicherzustellen und neben Nahrungsflächen auch Bereiche zur Fortpflanzung zu schaffen, wurde ein ca. 250 m² großes eingezäuntes Sandarium geschaffen. Mit fachlicher Begleitung des NABU Dortmund und der Biologischen Station Unna/Dortmund wurden verschieden Sande (Mauersand, Rheinsand) aufgeschüttet. Zusätzlich wurde Totholz eingebracht, Kleinstrukturen aus Steinen geschaffen und ein kleiner Teich angelegt. Blütenreiche Stauden und mehrjährigen Pflanzen schaffen ein nahegelegenes Nahrungsangebot für die Insekten. Das Sandarium soll zukünftig von anliegenden Schulen und Kindergärten zu Umweltbildungszwecken genutzt werden.

Als weitere Artenschutzmaßnahme wurden auf den Flächen des Zukunftsprojekts Vogelnisthilfen installiert. Der Fredenbaumpark beherbergt eine größere Population von Staren (Sturnus vulgaris). Dieser frühere “Allerweltsvogel” steht mittlerweile auf der Vorwarnliste bedrohter Vögel. Um den vorhandenen Bestand zu stärken, wurden im Projektgebiet 20 Starenkästen aufgehängt.

Informations- und Lehrtafeln mit Informationen zu den einzelnen Maßnahmen sowie zum Naturstadt-Projekt, sollen den Bürgerinnen und Bürgern das Zukunftsprojekt der Stadt Dortmund näherbringen.

Durch die ökologische Aufwertung des ursprünglich artenarmen Naturraums wurden wertvolle Areale zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität in der Dortmunder Nordstadt geschaffen. Neben einer hohen Diversität an Blühpflanzen und Insekten ist auch eine positive Entwicklung der Vogelwelt festzustellen. Stare (Sturnus vulgaris), Grünfinken (Chloris chloris), Stieglitze (Carduelis carduelis) und sogar der in NRW mittlerweile seltene Bluthänfling (Linaria cannabina) profitieren vom Blüten- und Insektenreichtum der neu angelegten Flächen. Um die faunistischen Entwicklungen im Projektgebiet zu dokumentieren, werden der NABU Dortmund und die Biologische Station Unna/Dortmund 2023 Insektenkartierungen im Bereich des Sandariums durchführen. Außerdem sind Brutvogel - und Fledermauskartierungen im gesamten Fredenbaumpark geplant.

Für 2024 ist zudem eine Erneuerung der Straßenbeleuchtung im gesamten Dortmunder Nordbezirk vorgesehen. Infolgedessen wird auch die Beleuchtung im Fredenbaumpark, einschließlich der Laternen im Projektgebiet, auf insektenschonende und energiesparende LED-Lampen umgestellt.

 

Auszeichnung der Stadt Dortmund

Das Zukunftsprojekt "Natur ohne Mensch – Obst von Anderswo – Wiesen für Insekten"